Sonntag, 7. September 2014

Heute Mittag habe ich mich mal wieder aufgerafft... zu einem Spaziergang...
Seit meiner Reha bin ich regelrecht süchtig nach Bewegung. Erst die Anmeldung in einem Sportstudio, das ich nun 3-4 mal die Woche besuche und zusätzlich eben noch ab und zu ein Spaziergang.
Das würde zu zweit, also mit einer Partnerin, natürlich mehr Freude bereiten, aber wenn ich "darauf" warte... naja...vielleicht sollte ich mich doch im örtlichen Tierheim melden und Hunde ausführen. Von mir aus auch nur weibliche... das hält die Illusion am Leben.
Manch einer wird sich denken -Na toll, ein Spaziergang. Erzähl mal was spannendes!-
Noch vor ca. einem Jahr wäre das auch nichts besonderes gewesen, aber seit meiner MS Diagnose will ein solches Unterfangen wohl ünberlegt sein.
Zuerst mal das Schuhwerk. Auch bei kurzen Strecken muss es den Fußgelenken genug halt bieten. Vielleicht noch die Stützmanschette drüber? Bei über 25 Grad eher nicht so schön. Hab ich vorher genug getrunken? Was sagt "Herr Uthoff" zu der Sache? Nehme ich vielleicht doch den Gehstock mit?
Naja. Irgendwann bin ich dann doch noch losmarschiert und wie immer, wenn ich erst einmal Unterwegs bin, genieße ich es mich in der Natur zu bewegen. An einem Fluss zu wohnen hatte für mich schon immer einen ganz besonderen Zauber!
Weniger berauschend sind die Horden von Radfahrern, Skatern und Rollerbladern, welche sich in endlos aneinanderreihenden Perlenschnüren durch die Landschaft wälzen und jede Störung des Geleichgewichtes zu einem Suizidversuch übelster Sorte werden lassen.
Nach ca. 1 Stunde werde ich von einer wild Gestikulierenden Radfahrerin von hinten übelst gerammt. Sie selbst erleidet keinen Schaden, aber mein linker Ellbogen fühlt sich kurzfristig an, als sein er unter eine Dampframme geraten. Hektisch durch die Luft fuchtelnd fährt sie weiter, das sollte wohl eine Entschuldigung sein. Vielleicht auch eine Beschimpfung, wer weiß... auf jeden Fall rast sie währenddessen fast in eine größere Ansammlung Menschen hinein. Wenn man nicht selbst betroffen ist, sieht das fast ein wenig Erheiternd aus.
Vielleicht sollte ich eine Art Hirschfänger um mich herum platzieren, oder eine Blindenarmbinde tragen.
Die mir zwangsläufig aufgezwungene Reduzierung meiner Geschwindigkeit, lässt mich am Wegesrand Dinge wahrnehmen, an denen ich früher achtlos vorbeigehechtet wäre. Klitzekleine Blumen im Asphalt, Insekten auf Blütenblättern, das Kräuseln der Wellen auf dem Wasser. Und ich habe entdeckt, das in der mikroskopischsten Winzigkeit ein faszinierendes Photomotiv verborgen sein kann. Wer weiß, ob hinter dieser Entschleunigung nicht ein tieferer Sinn stecken mag. Sonderlich verzweifelt war ich ob meiner Diagnose nie und in solchen Momenten der Naturverbundenheit weiß ich wirklich fast zu schätzen, was mir da gegeben wurde. Zeit! Wenn ich die Menschen um mich herum beobachte, wie sie die Hektik ihres Alltags teilweise sogar noch in ihre spärlich bemessene Freizeit übertragen... erschreckend...interessant.
Der Hai stirbt, wenn er aufhört zu schwimmen! Der Mensch ist des Menschen Hai?
Nach zwei Stunden kann ich jedenfalls kaum noch einen Fuß vor den anderen setzen und komme mit Mühe und Not wieder Zuhause an. Früher konnte ich Laufen ohne auch nur an Ermüdung denken zu müssen.
Aber ich bezweifle, das ich so Aufmerksam und Offen durch die Welt gelaufen bin, wie ich das heute kann!




2 Kommentare:

  1. Ich möchte meinen, dass der Preis MS ein sehr hoher, sicher zu hoher ist, doch das Geschenk "Zeit" ist etwas wundervolles.

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  2. Ich gebe meinem vorredner recht. Der Preis ist zu hoch. Aber ohne Schatten kein licht.
    Und geradlinige lebensläufe sind langweilig.
    Axh, und wo ist das Foto des Blümchens :) ?
    Mehr davon. Bleib dran! Ich geh auch mal gern ne runde mit dir.

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